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8# S, F, R, D & W - Sympathy for the Devil

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Beitrag  Judith Sa Apr 16, 2011 9:50 pm

Verwendete Abkürzungen in der Überschrift: S: Shadow; F: Fury; R: Red; D: The Devil Inside of You; W: Wonder
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Sympathy for the Devil

„Morgen“ nuschelte Niklas. Meine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, dann schlug ich die Augen auf und rollte mich leicht auf die Seite, um Niklas besser ansehen zu können. Er erwiderte mein Lächeln leicht unsicher und wich meinem Blick aus. „Was ist los?“ ich rückte ein Stück näher an ihn heran und suchte seinen Blick. „War es gestern nicht schön für dich?“ Niklas schwieg. „Erde an Niklas?“ ich merkte, wie ich immer unsicherer wurde, je länger Niklas schwieg. „Sag was. Wenn es nicht schön war, wenn du mich doch nicht liebst, ok, das merke ich von selber. Aber sag bitte was. Irgendwas!“

Endlich regte mein bester Freund sich. Gequält sah er mich an. „Wie kannst du so da liegen und behaupten, es hätte mir NICHT gefallen? Wie kannst du es wagen und sagen ich würde dich NICHT lieben?“ Seine Augen waren erfüllt von Schmerz. „Verdammt. Judith, ich liebe dich. Ich will dich. Wenn du so da liegst, würde ich direkt wieder mit dir schlafen. Ich habe mich nie so gut gefühlt, wie als ich heute Morgen aufgewacht bin“ Sanft hob ich meine Hand zu seiner Wange und sah ihn liebevoll an. „Ich liebe dich auch. Aber wo liegt dein Problem?“ Niklas schluckte schwer und zog mich eng an sich, vergrub den Kopf in meinem zerzausten Haar, das sich so gut wie ganz aus dem Dutt gelöst hatte, mit dem ich immer schlief. „Wir haben kein Kondom benutzt“ murmelte er. Erstaunt richtete ich mich halb auf. „Wenn das dein Problem ist: Ich nehme seit über 5 Jahren die Pille“ Niklas sah ich hoffungsvoll an „Echt?“ „Jap“ bestätigte ich erneut. „Mhm, ok. Aber du weißt, Schwangerschaft ist nicht das einzige Risiko…“ Ich sah, wie er förmlich mit den Worten kämpfte. Ich verbiss mir ein Grinsen „Nein, Aids habe ich auch nicht. Wenn ich es hätte, wüsstest du es außerdem. Du warst mal mein bester Freund!“, lachte ich. „Gut, ich auch nicht“ Niklas sah sehr erleichtert aus.

„Jetzt, wo wir das geklärt haben, wie war das mit dem nochmaligen Sex?“ fragte ich grinsend und legte mich wieder neben ihn. „Spinnerin“ Niklas lachte und gab mir einen zärtlichen Kuss auf die Nasenspitze. Ich schlang die Arme um seinen Hals und fing an, ihn zu küssen. Niklas drückte mich fester an sich und mir wurde auf eine angenehme Art bewusst, dass wir beide nackt geschlafen hatten… Niklas erwiderte meinen Kuss heftig, ließ seine Hände über meinen Körper wandern. Auch ich ließ meine Hände wandern. Immer wilder wurde unser Kuss, immer näher zog ich Niklas an mich heran. Ich wollte keinen Abstand. Wo das endete, kann man sich sicher denken…

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All das war jetzt eine Woche her. Mit Niklas, Fury, Wonder und auch Shadow, sowie mit Nikki lernte ich langsam wieder, glücklich zu sein. Ich hatte Niklas als Redepartner nicht verloren, ihn aber ihn anderen Sachen gewonnen… Und auch wenn es so aussieht, bestand unsere Beziehung, unser Zusammensein nicht aus Sex und Küssen. Nicht nur zumindest…

„Guten Morgen“ Ich drückte Niklas einen kurzen Kuss auf die Lippen und erhob mich aus dem Bett. „Morgen“ Niklas fuhr sich durch das verstrubbelte blonde Haar und sah mich prüfend an. „Wie viel Uhr?“ „Gleich 8“ antwortete ich, während ich meine Sachen zusammen suchte, um erst einmal unter der Dusche zu verschwinden. „Ok, ich mache Frühstück“ Ich nickte in seine Richtung und verschwand im Bad.

Als ich 15 Minuten später mit nassen Haaren, meiner grauen Reithose und einem schwarzen Top aus der Badezimmertür trat, wehte mir der Geruch nach frischem Kaffee entgegen, nach aufgebackenen Brötchen. Nach Zuhause. Ich drehte mein widerspenstiges Haar erneut zu einem engen Knoten, schmiss die dreckigen Sachen in den Wäschekorb und stürmte die Treppe herunter. „Gibst was zu feiern?“ fragte ich Niklas angesichts der Brötchen. „Nö, nur so“ grinste mein Freund. Ich gab ihm einen zärtlichen Kuss. Er schmeckte nach Kaffee. Schweigend begannen wir das Frühstück. Nach der ersten Tasse Kaffee und dem zweiten Brötchen wurde ich langsam gesprächiger. „Wann gehst du heute arbeiten?“ fragte ich, während ich mein dritten Brötchen schmierte. „Gleich, dann bin ich heute Abend früher zuhause“ Niklas arbeitete in einer Firma mit Gleitschichten, was sehr praktisch war. „Kommst du in der Mittagspause?“ fragte ich weiter. „Ja, klar“ „Gut, ich koche uns was“ beschloss ich. Niklas lächelte. Wieder hüllten wir uns in Schweigen.

„Pass auf dich auf“ Niklas lehnte am Türrahmen und sah mir zu, wie ich mich in meine Stiefeletten zwängte und die grüne Jacke vom Haken nahm. „Du auch auf dich“ Ich umschlang Niklas weiche Mitte, drückte ihm einen Kuss auf die Lippen und pfiff nach Nikki. Meine Hündin kam angewetzt, wartete ungeduldig neben mir und stürmte freudig aus der Haustür, als ich mich von Niklas verabschiedet hatte und mich- ihrer Meinung nach endlich - auf den Weg machte.

Tiefe Stille lag über dem kleinen Dorf. Der Himmel war strahlend blau und versprach einen wunderschönen Tag. Nikki raste vor mir her, schnüffelte aufgeregt am Wegesrand und markierte hier und da ihr Revier. Mit einem Lächeln beobachtete ich den Berner Sennen, genoss die ersten Sonnnestrahen auf meiner Haut und zog gierig die frische Luft ein.

10 Minuten später stand ich auf dem Hof. Nikki lief davon, um sich mit den anderen Hunden zu vergnügen. Jessy war mit Davi in ein Gespräch vertieft, ansonsten war der Hof leer. Als Jessy mich erblickte winkte sie mich zu sich heran. „Davi hat sich gerade Shadow angesehen“ Ich lächelte meine Freundin dankbar an. „Ihr geht es schon wieder etwas besser. Aber sie braucht weiterhin sehr guter Pflege. Geh jeden Tag mit ihr einmal die Stallgasse herunter, das tut ihr gut. Außerdem gibt es jeden Tag weiter Mash zu fressen, aber ohne Schmerzmittel. Sorg dafür, dass sie genug Saftfutter in Form von Äpfeln oder Möhren bekommt. Einmal pro Tag solltest du den Verband wechseln. Schmier auf das verletzte Hinterbein etwas Wärmepaste und wickel dann einen frischen Verband drum. Alles klar?“ schloss Davi ihre Ausführungen. Ich nickte. „Gut, heute habe ich noch nichts gemacht, also es wäre gut, wenn du auch den Verband wechselt“ Wieder nickte ich. Davi klopfte mir aufmunternd auf die Schulter und verschwand um die Ecke. „Bei Fragen – ich bin im Büro“ gab Jessy von sich und ließ mich ebenfalls alleine. Ich seufzte in mich hinein und machte mich auf den Weg zu Shadow.

Die kleine Stute stand mit hängendem Kopf in ihrer Box. Eine Welle des Mitleides erfasste mich. Das Schicksal, was Shadow ereilt hatte, hatte sie wirklich nicht verdient. Das verdiente keiner. „Ich kümmer mich um dich“ murmelte ich entschlossen.

Aus der Sattelkammer holte ich frisches Verbandszeug, eine Flasche Lavendelöl, die Wärmepaste sowie Shadows Halfter und ihren Strick. All das legte ich vor der Box der Araberstute ab. Bevor ich mich meinem Fohlen widmete, kochte ich Mash. So konnte das Futter abkühlen und ziehen, während ich Shadow führte.

Vorsichtig betrat ich die Box des Arabers und stülpte ihr das Halfter über den Kopf. Shadow wehrte sich nicht, stand teilnahmslos in ihrer Box. Ich hakte den Strick fest und zupfte am selbigen, dabei schnalzte ich auffordernd mit der Zunge. Shadow legte unwillig die Ohren an, als sie vom Stroh der Box auf den harten Betonboden des Stalls trat. Nur sehr zögernd und immer wieder eine Zwangspause einlegend kamen wir voran. Der Schweiß lief mir den Rücken herunter, ich redete unablässig mit Shadow, bettelte, motivierte, fluchte. Shadow hatte schon große Kräfte entwickelt und hatte sich wohl in den Kopf gesetzt, mir das Leben schwer zu machen. Für den eigentlich 5 Minütigen Weg brauchten wir auf diese Weise eine halbe Stunde.

„Du bist echt schlimm“ Aufseufzend zerrte ich Shadow ihr Halfter vom Kopf und hängte es an den Haken neben der Box. Der nächste Akt stand bevor und ich hoffte, das Shadow hier etwas mehr Einsicht zeigte. Ich verließ ihre Box und kehrte eine Minuten schwer beladen wieder. Langsam beugte ich mich zu Shadows rechtem Hinterbein herunter. Die Stute machte einen einfachen Schritt zur Seite. Ich hinterher, Shadow machte wieder einen Schritt. Das wiederholte sich. Sobald ich eine Hand an das Bein der Stute legte, entzog sie sich mir. „Shadow!“ grummelte ich warnend, erhob mich aus dem Stroh und stülpte Shadow kurzerhand wieder das Halfter über und band die Stute auf diese Weise ziemlich eng an die Gitterstäbe der Box. So konnte Shadow mir nicht mehr so gut ausweichen.

Doch ich hatte nicht mit meiner Stute gerechnet. Kaum beugte ich hinab, hob sie warnend ihr unverletztes Bein. Ich verstand die Botschaft sehr gut. Mit einem schrillen Quietschen riss Shadow immer und immer wieder den Kopf hoch. „Ruhig!“ schnauzte ich ungehalten. Mir fiel nur eine Möglichkeit ein, die mir nicht gefiel. Anscheinend war Shadow nicht in der Lage, ihr verletztes Bein zu heben – das hoffte ich zumindest. Ich verschwand in der Sattelkammer und kehrte kurz darauf mit einem dünnen Seil wieder. Shadow machte unterdessen Theater und versuchte fröhlich, mit einem Bein auszukeilen, was ihr auch ziemlich gut gelang. Rasch schlich ich um die Stute herum und ehe sie wusste, wie ihr geschah, war das unverletzte Hinterbein locker ihr Vorderbein gebunden. Es tat ihr nicht weh, hinderte sie aber am Auskeilen. Meine Stute versuchte es trotzdem, wieherte dazu herzzerreißend. Aber dumm war Shadow nicht, nach mehreren Versuchen stellte sie die Versuche ein, tat sie sich doch selber nichts Gutes mit. Ich klopfte ihr kurz den Hals und beugte mich zum xten Mal zu ihrem Bein herunter. Diesmal ließ Shadow es geschehen. Geschickt wickelte ich den alten Verband ab und legte ihn neben mich ins Stroh. Sanft strich ich Wärmepaste auf die geschwollene Stelle und befestigte mit wenigen Handgriffen einen neuen Verband. Shadow wurde kurz geklopft, mit einer Handbewegung löste ich das Seil und brachte es zusammen mit dem alten Verband außer Sichtweite der Box, da wo es hingehörte. Dabei nahm ich den Eimer Mash und drei Karotten mit zurück zu Shadow.

Gierig stürzte Shadow sich auf ihr Futter. Ich lehnte mich an die Boxentür und sah ihr lächelnd zu. Lange brauchte das kleine Fohlen nicht, um das Mash zu vertilgen, die Karotten überlebten nicht viel länger. Nach dem Fressen ließ Shadow den Kopf hängen. Die Euphorie war verflogen. Entschlossen ging ich aus der Box, schüttete mir einige Tropfen Lavendelöl auf die Hand und trat wieder an Shadow heran. Langsam und vorsichtig begann ich, sie zu massieren.

Nach und nach merkte ich, wie Shadow sich unter meinen Finger zu lockern begann. Ihre Muskeln entkrampften, der Kopf wurde schwerer. Zwischen uns war immer noch ein kleiner Abstand, Shadow legte mir nicht den Kopf auf die Schulter, aber es war ein sehr guter Anfang, auf dem man durchaus aufbauen konnte.

Nach 15 Minuten verließ ich ihre Box endgültig, klopfte ihr zärtlich den Hals. Leise vor mich hin summend räumte ich alles, was ich an Zeug gebraucht hatte in die Sattelkammer zurück und sah abschließend nochmal nach Shadow. Die Araberstute lag in der Box, die Nase auf den Vorderbeinen abgestützt, die Augen halb geschlossen. Ihr Atem ging ruhig und gleichmäßig. Zufrieden machte ich mich auf den Weg zu Fury.

„Pferdchen!“ rief ich über die Weide. Beim Klang meiner Stimme spielte Fury mit den Öhrchen, trabte an und kam auf diese Weise elegant auf mich zu, den Schweif abgestellt, den Hals gewölbt. „Jaja, du bist toll, du bist hübsch, du imponierst mir gewaltig“ Grinsend drückte ich Fury einen Kuss auf die samtweichen Nüstern und stülpte ihm mit einer geübten Bewegung das Halfter über den Kopf. Ohne Zögern folgte mir der Wallach zum Putzplatz.

Eilig machte ich, dass ich in die Sattelkammer kam. Auf dem Putzplatz war ziemlich viel Betrieb und Fury schien das nicht so zu behagen. Mit dem Putzkasten in der Hand lief ich zurück zu dem Vollblut, das nervös am Strick zerrte. Ich ließ meinen Blick schweifen, um zu erfassen, wer sich am Putzplatz befand. Neben mir stand Lilly mit Blue, daneben hatte Cati ihre Miss Ellie angebunden und schwatzte angeregt mit Davi, die Dreamer putzte. Auch Jessy war vertreten, mit Daphne an ihrer Seite. Neben mir war nur noch ein Haken frei, ich beschloss, das Fury da durch musste.

Mit gleichmäßigen Bürstenstrichen fing ich an, das Fell meines Wallaches zu säubern. Dabei redete ich unentwegt auf ihn ein, erzählte ihm, wie harmlos doch alles war. Das vertraute Putzprogramm und meine Stimme schienen dem Vollblut wieder mehr Sicherheit zu verleihen, er entspannte sich ein wenig und hörte auf, am Strick zu zerren. Trotzdem spürte ich die gehärteten und angespannten Muskeln, die sich unter seinem hellen Fell abzeichneten. Nach dem Striegel griff ich gerade zur Kardätsche, als neben mir Hufgetrappel ertönte. Erstaunt sah ich mich nach der Geräuschquelle um. Alle standen noch am Putzplatz und mir wäre neu, dass Jessy ein neues Mitglied hatte…

Ein arrogant wirkendes Mädchen mit einem edlen Goldfuchs tauchte links neben mir auf. Sie musterte mich mit einem herablassenden Blick und band ihr Pferd an. Ich konnte nicht verhindern, dass meine eine Augenbraue in die Höhe schoss. Keine Vorurteile, vielleicht ist sie schüchtern! Mahnte ich mich innerlich und trat einen Schritt auf das Mädchen zu. „Hallo, ich bin Judith, das ist Fury“ ich lächelte freundlich und streckte eine Hand aus. Meine andere Hand tastete suchend nach hinten, fand Furys Hals und streichelte ihn beruhigend. Mein Wallach drehte – jetzt wo das andere Pferd da war – wieder etwas mehr am Rad.

Das Mädchen musterte mich kühl. „Scheint ja eine gute Abstammung zu sein. Aber einfach nur ein Nervenbündel. Ich wette, er ist auch beim reiten schwierig. Naja, wenn es dir Spaß macht. Ich reite lieber auf Pferden, die keinen Psychiater brauchen und mit denen man auch Turniere starten kann. Die auch ein bisschen Trubel vertragen und vor allem Leistungsfähig sind“ Ich merkte, wie ich wütend wurde. „Schön. Was hast du denn für ein Pferd?“ fragte ich ohne großes Interesse. „Ein besseres als deins“ kam abschätzig zurück. „Ich bin Anne. Er heißt Goldfever. Ein Hannoveraner. Top Abstammung, sehr rittig. Ich habe ihn vor 2 Monaten bekommen. Er muss nicht mehr ausgebildet werden, geht sowohl in der Dressur als auch im Springsport S Niveau. Wir haben schon drei Turniere gewonnen, bei drei habe ich mich auch nur nennen lassen. Dafür trainieren wir dreimal die Woche Springen, viermal Dressur, manchmal auch umgekehrt. Er ist natürlich ein Wallach und macht keine Probleme beim reiten“ Mir schwirrte der Kopf. Das waren viele Infos, die mich nicht interessierten. Trotzdem hakte ich nach. „Ist er nur auf dem Platz und in der Halle so gut oder auch im Gelände?“ Der nächste abschätzende blick traf mich „Ich gehe nicht ins Gelände. Er könnte sich verletzen. Wenn geht mein Pfleger mal mit ihm spazieren, aber dann mit Hengstkette und ausreichend geschützt, auch nie ohne Decke, nachher wird er krank“ Das ließ mich schwer schlucken. Ich verkniff mir die Frage, warum die Hengstkette nötig war. Ich vermutete mal, dass Anne einfach zu viel Angst hatte, ihr Pferd könnte ein anderes sehen und Kontakt zu einem unedlen Pferd bekommen. „Nimmst du Unterricht?“ fragte ich, jetzt interessiert. „Warum? Er ist Top ausgebildet und war es auch schon, als ich ihn bekommen habe. Wenn er Probleme macht, setzte ich einfach die Sporen stärker ein. Oder ich binde ihn etwas kürzer aus, also schnalle die Ausbinder kürzer, wenn er sich weigert, durchs Genick zu gehen. Wenn er zickt, gibt´s eins mit der Gerte“

Fassungslos sah ich das Mädchen mit dem hübschen Fuchs an. Stumm schüttelte ich den Kopf und machte, dass ich fertig mit dem putzen wurde. Nur weg vom dem Mädchen. Das war besser für mich und auch besser für Fury, dem die Enge gar nicht behagte. Mehr schlecht als recht säuberte ich sein Fell, kratzte die Hufe aus und sattelte ihn geschwind auf. Anne konsequent ignorierend legte ich meinem Wallach die schokobraunen Gamaschen an und trenste ihn auf. „Nichts wie weg“ flüsterte ich in sein Ohr und führte ihn aus dem Gedränge. Aber bevor es trainieren ging, musste ich noch zu Jessy.

„Wer um Himmels Willen ist das und warum ist sie hier?“ zischte ich Jessy ins Ohr. Meine Freundin zuckte zusammen und ließ beinah die Wurzelbürste fallen. Daphne hob erstaunt den Kopf, brummelte leise und ließ ihn wieder sinken. Jessy sah zu Anne herüber. „Das ist Anne“ „Ich weiß, aber warum ist sie hier, verdammt?“ langsam wurde ich richtig wütend. „Sie sucht einen Stall, um ihren Wallach unter zu stellen. Sie wirkt zwar nicht sehr sympathisch, aber wir werden sehen. Stimmt irgendetwas nicht?“ „Das ganze Mädchen stimmt nicht. Die ist krank im Kopf. Aber gut lass sie reiten, sie wird ihr Pferd sowieso nicht hier unterstellen, der Stall hat bestimmt nicht genug Niveau“ vermutete ich. Hoffte ich. Jessy sah mich neugierig an. „So voller Vorurteile kenne ich dich gar nicht. Aber du hast Recht, lass sie einfach reiten. Sollte sie sich entschließen hier zu bleiben, werde ich einmal ein kritische Auge auf sie haben“ Ich nickte kurz und zupfte an Furys Zügel. „Ich mache mich mal auf den Weg, er ist gestresst genug“ Jessy nickte ihrerseits und strich Fury kurz über die Stirn. „Viel Spaß euch beiden“

2 Minuten später stand ich endlich auf dem Außenplatz. Geschwind gurtete ich nach, ließ die Bügel herunter und schwang mich in Furys Sattel. Zuhause. Wurde auch Zeit. Meine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, meine Schultern lockerten sich, meine Haltung entkrampfte. Sanft trieb ich Fury vorwärts, ritt viele gebogene Linien, wechselte die Hand oder variierte das Tempo. Mein Vollblut arbeitete gut mit, bog sich willig und wölbte den Hals. Seine Schritte waren gelöst und schwungvoll. „Was ein sanfter und einfühlsamer Reiter nicht alles bewirken kann“ murmelte ich leise und wendete Fury zu einer Volte ab. Der Hellbraune drängelte ein wenig, wollte traben. Streng hielt ich ihn zurück und ritt eine Schlangenlinie. Fury zerrte an den Zügeln, wollte seinen Kopf durchsetzten. Mit Nachdruck hielt ich ihn im Schritt, blieb dabei aber sanft und lobte ihn, als er das Zerren aufgab. „Good Boy, hast du gut gemacht. Ist doch gar nicht so schwer“ An der nächsten langen Seite gab ich meinem Wallach die Trabhilfen und ritt ihn v/a.


Ich nahm meine gebogenen Linien wieder auf, spielte ein wenig mit den Zügeln und motivierte Fury zu einem raumgreifenden Trab. Mein Pferdchen kaute leicht und trabte schwungvoll unter mir, ging durchs Genick. Ich klopfte seinen Hals und ritt auf zwei Trabstangen zu. Kurz vorher gab ich eine feine Parade. Fury verringerte die Länge seiner Tritte ohne den Takt zu verlieren und fehlerfrei kamen wir über die zwei Stangen. Ich lobte ihn, steuerte auf ein niedriges Cavaletti zu. Fury blieb brav bei mir und machte einen runden, kaum spürbaren Satz über das kleine Ding. Ich klopfte seinen Hals. „So, mein Süßer. Machst echt gut mit heute. Jetzt galoppieren wir ein wenig und dann gehst ans richtige Springen“ lächelte ich und trieb meinem Wallach aufmunternd vorwärts. Bei A gab ich ihm die Galopphilfen. Flüssig sprang Fury in einen taktreinen Galopp. Sanft versammelte ich ihn und nahm ihn etwas mehr zusammen, da er mir drohte auseinander zu fallen. Nach einer halben Runde erhöhte ich das Tempo etwas, nahm es aber nach einer halben Runde wieder zurück und kehrte in den Trab zurück.

Fury lief einfach perfekt. Seine Hinterhand war aktiviert, das ganze Pferd unter mir total entspannt. Lächelnd wollte ich erneut angaloppieren und mich einem Steil widmen, als ich hinter mir Schritte auf dem Sand hörte. Reflexartig parierte ich Fury zum halten durch und ritt eine kleine Kehrtvolte, um zu sehen wer sich auf den Platz begeben hatte, ohne zu fragen, ob die Tür frei war.

Anne war gerade dabei, in den Sattel ihrer Hannoveraners zu steigen. Der Wallach stand wie ein Denkmal und wartete, bis sie soweit fertig war. Kritisch musterte ich Anne: Weiße Reithose, beiges Sweatshirt, polierte Lederstiefel, glänzende Sporen, weiße Handschuhe, eine samtene Kappe auf den blonden Haaren, eine edle Dressurgerte mit verziertem Griff in der Hand. Goldfevers Sattel glänzte frisch gefettet und perfekt gepflegt. Die weiße Schabracke mit dem Gold eingestickten Namen von Goldfever hob sich perfekt davon ab. Die Trense des Fuchses war ebenso gepflegt und das Stirnband mit Diamanten verziert, an den Beinen trug der Wallach weiße Gamaschen, Schweif und Mähne waren locker aber sehr ordentlich eingeflochten, das ganze Pferd glänzte. Das einzige was mich richtig störte waren die schwarzen Schlaufzügel, die Goldfever trug. „Hallo“ begrüßte sie mich knapp und ließ Goldfever im Schritt antreten. Ich zog wie schon so oft eine Augenbraue hoch, sagte aber nichts, sondern ließ meinen Wallach wieder antraben.

Im lockeren Trab bewegte ich mich im hinteren Teil des Platzes und versuchte, mich auf mein Pferdchen zu konzentrieren. Fury galoppierte auf meine Hilfe hin an und ich steuerte ihn ruhig auf eine Kombi aus A und L Steil zu. Passend kamen wir zum A Steil, Fury zog leicht an und flog über den Sprung. Nach der Landung nahm ich ihn auf erhöhte sein Tempo kontrolliert ein bisschen. Im Kopf zählte ich zwei Galoppsprünge, bis ich meinem Vollblut den Kopf frei gab und er absprang. „Good Boy“ flüsterte ich, klopfte seinen Hals und parierte ihn sanft zum Trab durch. Als nächstes ritten wir eine einfache Schlangenlinie, ich galoppierte ihn wieder an und wir galoppierte auf einen L Oxer zu.

Mein Hellbrauner riss den Kopf hoch und legte sich hart aufs Gebiss. Seine Sprünge wurden flach und unkontrolliert. Einfühlsam ließ ich ihn ins Gebiss springen, ließ die Zügel etwas lockerer und nahm sie wieder an. Mein Wallach beruhigte sich, ließ sich auf einen Zirkel abwenden und nach einer Runde zum Trab durchparieren. Ich lobte ihn kurz und ritt ihn weiter konsequent vorwärts. Eine Runde später trabte Fury wieder locker, ich hatte Kontakt zum Pferdemaul und Furys Tritte waren schwungvoll aber nicht hektisch. „Siehst du, geht doch“ flüsterte ich.

„Alte Rennpferde taugen nichts, Vollblüter schon gar nicht. In einem Turnier wären eure Chancen auf einen Sieg gleich null“ Dieser Abschätzige Kommentar kam von Anne. Ich funkelte sie wütend an. „Hast du eine Ahnung, was es heißt, etwas mit einem Pferd zu erreichen? Zu spüren, dass er gut läuft und zu wissen, dass es dein Verdienst ist? Das du ihn vor einem schlimmen Schicksal bewahrt hast? Jessy und auch ich denken auf diese Weise. Und deshalb haben wir nicht nur die tollen, besten Pferde hier, sondern auch Pferde von der Rennbahn, die durchdrehen, wenn einer vor ihnen galoppiert. Pferde, die weit schlimmeres durchgemacht haben als du dir vorstellen kannst. Pferde, die Menschen mehr als nur misstrauen, die sich nicht mehr anfassen lassen. Denn es gibt nicht nur die schönen Seiten im Leben und wir sind der Ansicht, dass alle diese Pferde etwas besserer verdient haben. Und ich helfe Jessy dabei, unterstütze sie, indem ich die schwierigen Pferde bewege, mit ihnen arbeite. Einen guten Hof macht genau das aus. Das es nicht nur gute Pferde gibt, sondern das auch mindestens 20% der Pferde arbeitsintensiv sind. Wenn der Hof dann mit ihnen fertig wird, ohne Gewalt, ohne Zwang, dann kann der Hof sich guter Hof nennen. Denn erst dann gibt es dort mit Sicherheit Menschen, die ein Herz haben und die wirklich was von Pferden verstehen!“ Ungewollt hatte ich Anne richtig angeschnauzt. Fury spielte unruhig mit den Ohren und trat einen nervösen Schritt zur Seite. Anne lachte spöttisch.

„Nein, dieses Gefühl hatte ich nie. Ich ziehe dem aber auch so eindeutig das Gefühl vor, auf einem Top ausgebildeten Pferd eine Ehrenrunde zu galoppieren, weil wir ein Turnier gewonnen haben. Mag ja sein, dass es dir reicht auf Pferden zu reiten, die seelisch am Ende sind. Ich für meinen Teil brauche so etwas nicht. Wenn deine Arbeit wenigstens Niveau hätte…“ Sie ließ ihren Satz unbeendet. „Was meinst du damit?“ verblüfft sah ich Anne an. „Naja, wenn du wenigstens etwas richtig Tolles machen würdest, ein Pferdeflüster mit Stil, verstehst du?“ Das Wort Pferdeflüster betonte sie, als sei es eine Kakerlake. „Ich meine, es gibt ja genug von deiner Sorte, die berühmt sind, die mit tollen Pferden arbeiten und sie nachher auch auf Turnieren vorstellen, die Pferde mit Zukunft bereiten“

„Wer schwebt dir da vor? Jemand wie Linda Tellington- Jones?“ hakte ich interessiert nach. Mein Gegenüber machte eine wegwerfende Handbewegung. „Nein, die ist extrem eingebildet und von sich überzeugt, so etwas finde ich dämlich. Nein, ich denke an Menschen, die auf berühmten Gestüten arbeiten, ohne selber berühmt zu sein. So was finde ich irgendwie gut“ Mein Erstaunen wuchs. Steckte in Anne doch ein weicher Kern? „Zum Beispiel`“ fragend sah ich Anne an. „Die Namen sagen dir eh nichts. Aber mein Lieblingserlebnis war auf einem bekannten und erfolgreichen Gestüt gar nicht so weit von hier. Da ist mein altes Pferd her, Sansibar“ Der Name gab mir einen kleinen Stich. So hatte ein Pferd geheißen, mit dem ich als eines der ersten selbständig gearbeitet hatte… Anne redete weiter „Ein Oldenburger, richtig süß. Nicht so ganz einfach, aber die Bereiterin hat ihn toll hinbekommen. Wir waren glücklich, sind auf kleinen Turnieren gestartet, waren viel im Gelände…. Egal!“ Unterbrach sie sich rüde „Auf jeden Fall verstand die Bereiterin was von ihren Fach. Mit ihr selber hatte ich wenig zu tun, habe nur viel von ihr gehört und ihr manchmal heimlich bei ihrer Arbeit zugeguckt. Sie sah dir ein bisschen ähnlich, war nur nicht so extrem dünn und hatte helleres Haar. Aber als ich noch einmal ein Pferd von ihr wollte habe ich erfahren, dass sie leider keine Pferde mehr bereitet, seit ihre Freundin gestorben ist. Mit ihr ist der Branche echt etwas verloren gegangen“

Ich zuckte heftig zusammen und starrte mein gegenüber an. Der Atem stockte mir in der Kehle. Fury spürte meine Anspannung und machte einen Versuch zu steigen. Ich riss mich zusammen und ritt auf einen Zirkel, saß betont locker im Sattel, hielt meinen Hände ruhig und redete ununterbrochen mit meinem Wallach. Er beruhigte sich wieder. Anne hatte mich die ganze Zeit beobachtet. Ich holte tief Luft. „Wie sah er denn aus, dein Sansibar?“ „Ich wüsste zwar nicht, was dich das angeht, aber nun gut. Sansibar war wie schon erwähnt ein Oldenburger, ein Rappe. Sehr muskulös, breite Blesse, intelligente Augen, vier weiße Fesseln. Er war unheimlich verschmust aber anspruchsvoll beim reiten. Ein Wallach mit echten Hengstmanieren. Ich habe mich genau an die Anweisungen gehalten, die der Stallbesitzer mir von der Bereiterin weitergeleitet hat. Ich hatte mit Sansibar drei tolle und lernreiche Jahre, wir haben eine Menge erreicht. Er ist vor einem halben Jahr an einer schweren Kolik gestorben…“ Anne sah auf einmal sehr verletzlich aus. Als sie bemerkte, dass ich sie musterte sah sie mich böse an und stieß Goldfever rüde die Hacken in die Seite. Er trabte an, sie versuchte sich an Bahnfiguren, zog ihn mit behandschuhter Hand nach innen. Goldfever schlug mit dem Kopf und brach vom Hufschlag aus. Mit einem ungeduldigen Schenkelklopfen richtete Anne ihren Wallach wieder gerade, ritt ihn in einer ungewollten Versammlung, statt ihn sein Tempo finden zu lassen. Ich zögerte einen kurzen Moment. Dann stieg ich entschlossen ab, sah Fury streng in die Augen. „Du bleibst hier, rührst dich nicht vom Fleck, verstanden?“

Langsam bewegte ich mich auf Anne und Goldfever zu, Fury zurück lassend. Anne parierte ihren Wallach hart durch und sah mich kalt an. „Was willst du?“ Ohne zu antworten legte ich eine Hand an den Hals des Wallaches und machte mit einer raschen Bewegung die Schlaufzügel ab. „Ich denke, wir sollten uns mal unterhalten“ Zu meinem grenzenlosem Erstaunen nickte Anne nur, stieg von ihrem Pferd. Ich sammelte Fury wieder ein, schweigend trotteten wir zum Putzplatz, versorgten unsere Pferdchen. „Sorry für das kurze Training“ flüsterte ich Fury in sein pelziges Ohr und steckte ihm einen Apfel zu. Gierig schlang mein Wallach die Frucht herunter und folgte mir brav auf die Weide. „Bis morgen“ ich vergrub kurz das Gesicht in seiner kurzen Mähne, drückte ihm einen Kuss auf die Nüstern und ließ in laufen. Zeit, ihm zu zugucken hatte ich leider keine mehr. Also hängte ich mir nur sein Halfter über den Arm und eilte zurück. Anne erwartete mich schon am Putzplatz. Sie lehnte an der Wand, ablehnende Haltung, verschlossenes Gesicht. Ich räumte mein Zeug in die Sattelkammer und deutete dann auf das Reiterstübchen. Anne stapfte voran, ließ sich auf einen Stuhl sinken. Ich nahm mir eine Flasche Cola aus dem Eisschrank und sah die junge Frau fragend an. „Auch etwas trinken?“ Stummes Kopfschütteln war die Antwort. Ich zuckte nur mit den Achseln und ging mit der Flasche an Annes Tisch, ließ mich ihr gegenüber nieder. „Also?“ fragte sie kalt und sah mich abschätzend an.

Ich schlug die Augen nieder und flüsterte „Die Bereiterin, das war ich“ Ich bemerkte Annes erschrockenen Blick. „Kann nicht sein!“ rief sie aus. „Ist aber so“ murmelte ich. „Aber deine Haare und so dünn war sie auch nicht“ Anne versuchte verzweifelt, sich einen Reim darauf zu machen. Ich zögerte. „Als du mich kennengelernt hast war Sommer, richtig?“ setzte ich zu einer Erklärung an. Anne nickte. „Im Sommer ist mein Haar immer heller, das ist bei vielen so. Und was meine Figur angeht: Ich bin dabei, zu zunehmen. Nach dem Tod meiner Freundin habe ich viel zu wenig bis gar nichts gegessen und hatte Untergewicht. Mittlerweile ist das wieder normal, aber immer noch im unteren Bereich. Ich nehme immer mehr zu, aber solange bin ich halt etwas dünner. Mir fehlen noch 8 Kilo bis zu meinem alten Gewicht“ Anne sah mich aufrichtig mitleidig an. „Das mit deiner Freundin tut mir sehr leid“ flüsterte sie. „Schon gut. Die Zeit heilt alle Wunden…“ Anne unterbrach mich und setzte meinen Satz fort „… aber Narben bleiben immer“ Unwillkürlich fassten wir uns beiden an den Arm. Sie an den linken, ich an den rechten. Schweigen.

Mit fielen die dünnen, blassen Narben auf Annes Arm erst jetzt so richtig auf. Anne schlug jetzt ihrerseits die Augen nieder und machte einen Versuch, die Narben zu verdecken. Ich lächelte leicht und hielt ihr meinen Arm hin. Er sah ungefähr genauso aus… „Wegen Sansibar?“ fragte ich sanft. Anne nickte, schluckte. „Ich glaube, es ist Zeit, was zu erklären“ murmelte sie, setzte sich gerader hin und begann zu reden.

„Sansibar war alles für mich. Er half mir, den Tod meiner geliebten Oma zu verkraften, half mir, zu leben. Half mir, aus den Wunden Narben zu machen. Ich hatte mich seit dem Tod meiner Oma geritzt, mit Sansibars Hilfe hörte ich auf. Ich kann ganz gut reiten, wurde von einem Trainer entdeckt. Nach Sansibars Tod habe ich wieder mit dem ritzen angefangen. Ich sollte weiter reiten, bekam Goldfever aufs Auge gedrückt. In dieser Zeit habe ich mich total verändert. Ich wollte nicht reiten, der Tod von Sansibar war noch nicht verarbeitet. Da bin ich so geworden, wie ich jetzt bin“ Tränen liefen Anne über die Wangen. Ich streckte meine Hand aus und griff nach der Hand meines Gegenübers, drückte sanft zu. „Dann änder dich zurück. Es ist noch nicht zu spät. Ich helfe dir auch, wenn du möchtest“ Unter Tränen nickte Anne, drückte meine Hand. Ich lächelte sie an. Stand auf, ging um den Tisch herum und drückte Anne sacht an mich. Zuerst stand die junge Frau ganz steif, dann erwiderte sie meine Umarmung leicht. Einen Moment standen wir so da. Unendlich lange.

Mein Handy riss uns aus dem Moment. Ich warf einen Blick drauf, es war Laura aus Australien. Ich ließ es weiter klingeln. Heute Abend würde ich zurück rufen. Ich registrierte aus den Augenwinkeln meine Handyuhr: 13 Uhr. „Scheiße!“ entfuhr es mir. In 30 Minuten würde Niklas auf der Matte stehen. Gekocht hatte ich nichts, geschweige denn eingekauft. Hektisch erklärte ich Anne die Situation. „Keine Panik, bestell Pizza. Ich kann dir mit Vitamin B weiterhelfen, in 20 Minuten hast du die Pizza. Und ich bringe dich eben nach Hause, ich muss auch weg, ein Geschäftsessen“ Ich nickte dankbar und raffte meine Sachen zusammen. Seite an Seite mit Anne ging es zum Parkplatz. Sie aktivierte die Freisprechanlage, schmiss mir einen Pizzakatalog in den Schoss. „Such aus“ „Schon geschehen. Ich nehme Margarita, Niklas Hawaii. Das machen wir immer so“ Anne lachte, wählte die Nummer und wartete, bis jemand dran ging. In der Zeit startete sie den Motor und fuhr vom Parkplatz.

***

20 Minuten waren die bestellten Pizzen wie versprochen da. Ich hatte meine Reithose gegen eine alte Jeans getauscht, den Tisch schön gedeckt. Gerade stellte ich Nikki ihr Futter hin und tätschelte sie ein wenig, da ich sie beinah auf dem Hof vergessen hätte, als ich einen Schlüssel im Schloss hörte. Eilig richtete ich mich auf, klopfte schwarze Hundehaare von meiner Hose. Dann lauschte ich. Ich hörte nichts. Irritiert wollte ich mich umdrehen, als sich zwei starke Arme um meinen Taille schlangen und Niklas mir einen zärtlichen Kuss auf den Nacken drückte. „Ich habe gesehen, es gibt Pizza?“ nuschelte er leise. Sein Atem hinterließ einen kalte Spur auf meiner nackten Haut, ich merkte ich wie ich erschauerte. Geschickt drehte ich mich in seinen Armen und küsste ihn fordernd. Niklas erwiderte den Kuss ohne Zögern. Er steigerte sich von einem einfachen Kuss zu einem intensiven und stürmischen Zungenkuss. Schwer atmend löste ich mich von meinem Freund und sah ihn liebevoll an. „Los, die Pizza wird kalt“ Niklas griff nach meiner Hand und wie zwei verliebte Teenager hüpften wir in die Küche.

* * *

„Das hört sich doch alles ganz positiv an. Wenn das einer schafft, dann du“ Niklas grüne Augen strahlten mich an. „Du musst das sagen, du bist mein Freund“ lachte ich und schob Niklas das letzte Stück seiner Pizza in den Mund. Er lächelte und nahm das letzte Stück meiner Pizza vom Teller. Zufrieden kaute ich, schluckte den Pizzabrei herunter und schmiegte mich enger an Niklas. Nach wenigen Minuten in der Küche waren wir ins Wohnzimmer gewechselt, hatten uns auf die Couch begeben und geredet, über Anne und den ganzen Tag im Allgemeinen. Dabei hatten wir ins gegenseitig gefüttert, so doof sich das auch anhören mag…

„Ich mach den Abwasch“ Seufzend erhob ich mich. Wir hatten zwar eine Spülmaschine, aber auch die will eingeräumt werden. Also schnappte ich mir unsere Teller und machte, dass ich in die Küche kam. Kaum hatte ich den letzten Teller in die Maschine geräumt, da legten sich erneut zwei Arme um mich. Ich zuckte heftig zusammen „Musst du dich immer so anschleichen?“ fauchte ich Niklas an. Der grinste bloß „Sorry, da kommt mein innerer Teufel zum Vorschein“ Ich schüttelte stumm den
Kopf über sein Verhalten und schloss die Spülmaschinentür. „Fertig?“ fragte Niklas interessiert. Ich nickte kurz und holte erschrocken Luft, weil mein Freund mich einfach hochhob und auf die Küchenzeile setzte. Früher, als wir „nur“ beste Freunde waren, hatte er das öfters mal gemacht, aber im Moment hatte ich eigentlich nicht damit gerechnet. Niklas sah mich liebevoll an und drückte mir einen Kuss auf die Lippen. Mit seinen 1,90 waren wir so auf einer Höhe, denn mit meinem 1, 65 konnte ich ihm noch nie so wirklich in die Augen sehen.

Niklas ließ seine Hände meinen Oberkörper runter wandern und schließlich auf meiner Hüfte ruhen. Ich schloss leicht die Augen, als unsere Zungen ins Spiel kamen und umschlang den Nacken meines Freundes. Immer weiter küssten wir uns, immer inniger, immer sanfter. „Schluss“ atemlos riss ich mich von Niklas los, der mich erstaunt musterte. „Ich muss zum Hof, du zur Arbeit“ sagte ich entschuldigend und legte eine Hand an seine Wange. Niklas drehte sich halb und sah auf die Uhr an der Wand. „Fuck, du hast Recht!“ Er hob mich wieder hoch, setzte mich sanft auf dem Boden ab und eilte in den Flur, um sich wieder Arbeitsfertig zu machen. Derweil stapfte ich nach oben, tauschte Jeans gegen Reithose und schlenderte dann nach unten, pfiff nach Nikki und leinte die Hündin an. Ohne Hektik zog ich meine Stiefelletten an die Füße und zog meine Jacke über. Auch Niklas war mittlerweile fertig „Ich fahre dich schnell“ bot er an. Dankbar nickte und, wir gingen zusammen zu seinem Auto. Er startete den Motor, ich schaltete das Radio an. Es lief Fuckin´ Perfect von Pink. Gut gelaunt drehte ich etwas lauter und sang mit. Schief und krumm zwar, aber es störte mich nicht und Niklas wohl auch nicht. Er war das gewöhnt.

„Bis heute Abend“ ich beugte mich zum Fahrersitz rüber und gab Niklas einen kurzen Kuss „Ja, sei vorsichtig“ bat Niklas mich mit einem schiefen Grinsen. „Immer doch“ antworte ich kurz, stieg aus dem Auto und befreite Nikki, die unglücklich im Kofferraum hockte. Mit einer Handbewegung löste ich die Leine, schlug die Kofferraumklappe zu und winkte Niklas zum Abschied, der mit quietschenden Reifen vom Hof fuhr.

„Judith!“ Jessy winkte mich zu sich heran. Neugierig trat ich ein Stück näher an sie heran und verfolgte dabei Nikki mit den Augen, die davon wetzte. „Ja?“ fragte ich als ich dicht vor Jessy stand und wandte meinen Blick zu ihr. „Hast du Lust, mit auf ein Gestüt zu kommen? Ein paar Pferde holen?“ „Wann?“ hakte ich unsicher nach. „So in einer Stunde. Wäre echt super“ Ich seufzte innerlich, nickte aber dann. „Ok, dann in einer Stunde am Parkplatz. Danke!“ lächelte Jessy. Ich nickte kurz, drehte mich um und hastete zu Reds Stall. Wonder würde ich wohl danach machen müssen, aber wenigstens Red sollte vorher dran sein.

Schnell begrüßte ich den Hengst, band ihn in der Stallgasse an und putzte rasch seine Sattellage, die Beine, kratzte die Hufe aus und säuberte das Gesicht. Red ließ es ruhig über sich ergehen. „Good Boy“ lobte ich kurz, stapfte in die Sattelkammer und kehrte kurz darauf mit Longiergurt, Cavecon, Dreieckszüglen, Gamschen, Longe, Peitsche und Trense wieder zurück zu Red.

Zunächst befestigte den Longiergurt und legte dem Hengst seine Gamaschen an. Als nächstes kam der Cavecon. Red stand brav still, in dieser Hinsicht war er ganz gut erzogen. Zufrieden kontrollierte ich, ob der Cavecon auch richtig saß. Diese spezielle Art des Kappzaums hatte ich vom Gestüt mitgebracht, eine für mich ziemlich unverzichtbare Erfindung. „Weißt du Red, da kann ich ganz leicht deine Trense noch drüber ziehen, ein Kappzaum ist dafür einfach zu dick“ erzählte ich dem Vollblut und zog ihm gleichzeitig die Trense über den Kopf. In den Cavecon hakte ich die Longe ein, befestigte die Dreieckszügel an der Trense, band aber Red noch nicht aus. „Fertig, Junge. Jetzt haben wir eine halbe Stunde zum Trainieren“ Mit dem Vollblut an meiner Seite ging ich zur Longierhalle.

Diese war zum Glück leer. Geschwind band ich Red aus und fixierte seinen Kopf leicht in die Tiefe. Ich begab mich auf Position in die Mitte der Halle und schnalzte leise mit der Zunge. Prompt setzte mein Bereitpferd sich in Bewegung.

Nach einigen Runden im Schritt schnalzte ich erneut mit der Zunge. Red setzte zu einem hektischen Trab an. Den Kopf so hoch erhoben wie es ging, ein verspanntes Pferd, ruckartige Bewegungen. „Easy, Boy“ murmelte ich und gab ein paar Paraden. Red begann, auf seinem Gebiss zu kauen, den Kopf zu senken. Eine weitere Runde später wurden seine Bewegungen eleganter, der Trab raumgreifender. Der Hengst kaute rhythmischer auf dem Gebiss, der Speichel schäumte. Zufrieden mit dem Ergebnis hielt ich an, wechselte die Hand und ließ ihn auf der anderen Hand drei Runden traben. Red trabte locker und gleichmäßig, er ging v/a und machte mir das longieren sehr leicht. „Good Boy!“, lobte ich ihn. Ein bisschen schlechtes Gewissen hatte ich schon, denn eigentlich müsste ich mit Red unbedingt im Gelände trainieren. Aber durch Zeitmangel war ich froh, ihm überhaupt Bewegung verschaffen zu können. „So, noch ein bisschen Galopp, Boy, dann ist Ende“ murmelte ich zu dem Vollblut herüber und trieb Red in den Galopp.

Explosionsartig sprang der Hengst um, die Longe strafte sich in meiner Hand. Red schüttelte den Kopf, zerrte mich zur Seite. Ich stemmte meine Beine in den Boden, spannte meine Muskeln an. Dabei gab ich immer wieder Impulse mit der Longe, um den Hengst zu kontrollieren. Red gab nicht auf, hoffte anscheinend auf ein Zeichen von Schwäche bei mir. Doch da kannte er mich schlecht. Die Jahrelange Arbeit mit Vollblütern, die teilweise direkt von der Rennbahn kamen, hatte mich hart gemacht. So nahm ich den Kampf ohne zu Zögern auf. Doch Red wollte nicht aufhören. So ein extrem austickendes Pferd hatte ich selten ohne irgendwelche Vorwarnung gehabt.

Meine Handflächen brannten. Normalerweise trug ich bei der Arbeit mit solchen Pferden Handschuhe, aber bei Red hatte ich einfach nicht damit gerechnet. Ein Fehler, für den ich jetzt bitter bezahlen musste. Immer wieder kam Red ein Stück näher, zog dann wieder weg und auf diese Weise scheuerte die Longe meine Handflächen immer mehr auf. Red war wie besessen, wollte sich einfach nicht zügeln lassen. Ich war nah dran, einfach aufzugeben.


Mein Gesicht war nass vor Schweiß und vor Tränen. Unterschiede gab’s nicht mehr. Ich wollte die Longe aus der Hand schmeißen und aufgeben. Einfach nur aufgeben.

Red wieherte heißes und riss mich damit aus meiner Trance. Vor meinem inneren Auge zogen Pferde vorbei. Pferde, die viel schlimmer gewesen waren. Pferde, die noch nicht einmal geradeaus traben konnten. Pferde, mit denen ich trotzallem fertig geworden bin. Pferde, die andere schon aufgegeben hatten. Diese Gedanken gaben mir neue Kraft. Erneut spannte ich meine Muskeln an und war wieder aktiv am Kampf beteiligt. Dabei ließ ich keine Sekunde den Blick von Red. Angespannt verfolgte ich das Spiel seiner Muskeln, das Zusammenspiel von Kopf, Körper und Beinen. Zeichnete mit den Augen die Striche aus Schweiß nach, die sich auf seinem Fell verteilten. Lauschte auf seinen angestrengten Atem. Aufgeben. Das Wort stand noch im Raum, doch mittlerweile hatte es sich in eine Ecke verzogen. Mein Wille, Red zu zeigen dass er mir vertrauen konnte und sich von mir leiten lassen konnte, siegte.

Unmerklich wurde das Vollblut langsamer. „Hoo“ konzentriert beobachtete ich den Hengst. Red spielte mit den Ohren, behielt aber sein Tempo bei. Mir blieb nur eine Möglichkeit. Ich atmete tief durch. Wie von selbst gab ich ein wenig nach, die Longe entspannte sich. Der Hengst blieb auf seiner Bahn. Stück für Stück ging ich näher, die Longe dabei einsammelnd. Red pumpte heftiger, sein Fell war eine einzige Schweißschicht. Kaum merklich wurde er langsamer, verfiel in den Trab, in den Schritt. Unberührt von den Ereignissen kam ich weiter auf ihn zu. Nur noch eine Armlänge entfernt, streckte ich den Arm aus. Red wieherte leise und blieb stehen. Vorsichtig griff ich in seine Zügel. Der Hengst senkte den Kopf, ließ sich die Stirn streicheln. Ich entdeckte Vertrauen und Unterwerfung aber immer noch Anspannung und Missfallen in seiner kompletten Haltung und in seinen dunklen Augen. „Ist gut“ murmelte ich instinktiv und löste zunächst einmal den Ausbinder, sodass Reds Kopf nicht mehr in die Tiefe fixiert war. Langsam begann ich, los zu gehen. Red folgte mir erschöpft. Kreuz und quer liefen wir durch die Halle, bis Red einigermaßen trocken war. Erst dann verließen wir die Halle.

Ich band Red in der Stallgasse an. Geschwind nahm ich ihm die Ausrüstung ab und begann dann, mit dem Schweißmesser über sein Fell zu gehen. Den Getrockneten Schweiß bearbeite ich anschließend mit Kardätschte und Striegel. Liebevoll kratze ich seine Hufe aus und verlas Mähne und Schweif. Ein kleines Leckerli verschwand im Maul des Fuchses und schließlich landete er auf seiner Weide wo er zu grasen anfing. Ich dagegen machte mich auf den zum Parkplatz, Ich war eh schon fast 10 Minuten zu spät.

„Sorry“ entschuldigte ich mich bei Jessy, die neben ihrem Auto stand, an das ein 8er Pferdeanhänger gekoppelt war. Schnell erklärte ich ihr meine Verspätung. „Macht nichts“ lächelte meine Freundin. Wir setzten uns ins Auto und Jessy schaltete das Radio an. „Wohin fahren wir genau?“ erkundigte ich mich interessiert, als Nalmon schon ein Stück hinter uns lag. „Zum Gestüt Warendorf. Ein paar der Pferde sind schwierige Gesellen, vielleicht finde ich ja für einige ein neues Zuhause“ „Ich hoffe es für dich“ lächelte ich. „Aber ich stehe auf keinen Fall zur Verfügung, ich habe genug zu tun“ „Dich meinte ich auch nicht“ erwiderte Jessy grinsend und setzte den Blinker. Im Schritttempo fuhren wir eine kurze Auffahrt entlang und durch ein schmiedeeisernes Tor. Jessy folgte den Schildern, die zum Stall führte und parkte elegant vor einem großen, modernen Holzstall.

„Hier stehen die Verkaufspferde“ informierte Jessy mich flüsternd, als wir aus dem Auto stiegen. „Der ganze Stall ist eher turnierambitioniert und wir sollen die 7 Pferde mitnehmen, die durch ihren Charakter oder die Abstammung nicht ins Raster passen“ „Und was für Pferde genau?“ hakte ich nach. „Eine Pinto- Araber Stute, die nur bis L Springen und Dressur geht und nicht die beste Abstammung hat. Außerdem ist sie schon 12 Jahre alt und wurde nicht so trainiert, wie es sich gehört. Der Hof schafft es also nicht, sie auf S Turnieren vorzustellen. Dann eine Isländerstute, die sehr frech ist und natürlich nicht für größere Turniere geeignet. Ursprünglich sollte sie auf Gangturnieren antreten, aber sie macht Kummer durch Nervosität und will sich das auch nicht abtrainieren lassen. Das dritte Pferd ist ein Kaltbluthengst, der für Shows gedacht war. Jetzt ist er 13 und weigert sich mit aller Kraft, auf Shows anzutreten, tickt dann völlig aus. Für ihn habe ich schon ein Zuhause, denn im Gelände macht er keine Probleme und ein bisschen Dressur kann er auch. Das vierte Pferd ist eine Hafifstute, die sich gerne gegen den Reiter wehrt und deshalb auf Turnieren oft verweigert, aber eigentlich gutes Springpotenzial hat. Sie war für Kutschenrennen gedacht, weigert sich aber. Auch sie hat schon einen neuen Besitzer, der gut mit ihr klarkommt aber keine Zeit, sie abzuholen. Das fünfte Pferd ist ein 18 Jähriger Hannoveraner Hengst, der aus der Turnierbranche sehr erfolgreich ausgestiegen ist, da er zu alt wird. Allerdings springt er sehr gerne und geht auch im Gelände richtig gut und vor allem flott, aber dafür hat man hier keine Verwendung. Auch er hat bereits einen Besitzer. Und als die beiden letzten sind zwei Fohlen. Eine Holsteinerstute…“ Jessy endete abrupt, da ein Mann zu uns trat, der schweigend unsere Hände drückte und dann voran ging. Jessy folgte mit einem Seufzen, ich dackelte hintendran.

Der Mann hatte stumm auf die Boxen gezeigt, Jessy einen Stapel Papiere in die Hand gedrückt, mir 7 Halfter und hatte dann gewartet, bis Jessy ihm einen Scheck überreicht hatte. Dann hatte er sich umgedreht und war verschwunden. „Wer zum Teufel war das?“ raunte ich Jessy zu. „Das war ein Arbeiter. Der schweigt immer, kann aber sprechen“ informierte sie mich flüsternd und nahm mir 4 Halfter ab. „Er lässt uns aber auch nur allein, weil er zu den wertvolleren Pferden muss und weil hier alles überwacht wird“ Sie zog die Augenbrauen vielsagend hoch. „Nun gut, nimm du die Pferde aus diesen drei Boxen, ich nehme die andere Seite“ Ich nickte und machte mich auf den Weg zur ersten Box.

Eine hübsche Scheckstute sah mich mit gespitzten Ohren neugierig an. „Na du?“ lächelnd bot ich ihr ein kleines Leckerli an und warf dabei einen Blick auf das Boxenschild in Form eines Handgeschrieben Zettels. „Du bist also unsere 12 jährige Pinto- Araber Stute Gia la Grande“ stellte ich fest und zog der Stute mit einer geübten Bewegung das Halfter über den Kopf. „Einen neuen Besitzer hast du noch nicht, aber auf Jessys Hof wird es dir sehr gut gehen“ erzählte ich ihr. Obwohl sie mich so neugierig ansah, kam sie mir eher scheu vor. Dieser Verdachte wurde bestätigt, als sie mir nur sehr zögerlich aus der Box folgte. Auf den Hänger ging sie widerstandslos, wenn auch mit spürbarem Widerwillen. „Das wars schon“ ich klopfte ihr kurz den Hals, band sie sorgfältig an und machte mich auf den Weg zur nächsten Box.

Dort wurde ich von einer Isistute begrüßt. Ihr Boxenschild wies sie als Frekja aus. „Hallo Süße“ auch diese Stute bekam ein kleines Leckerli, was sie gierig verschlang. „Na, nicht so hastig!“ tadelte ich sie scherzhaft und machte Anstalten, ihr das Halfter über den Kopf zu stülpen. Frekjas Augen blitzen, als sie mir ihren Kopf entzog und mich frech von der Seite ansah. „Du denkst, du wärst Schlauer?“, lachte ich und schnappte mir mit einer blitzschnellen Bewegung die Nase des Isländers. Einmal so eingefangen, leistete Frekja auch keinen Widerstand mehr, als ich ihr das Halfter überzog. „Geht doch“ murmelte ich leise und führte Frekja aus der Box. Vor dem Hänger zögerte sie kurz, folgte mir aber dann doch auf die Rampe und ich band sie an. Jessy hatte schon 3 Pferde verladen und machte sie auf dem Weg zu ihrem letzten. Eilig rannte ich ihr hinterher.

Fasziniert starrte ich auf das Fohlen, was mich aus dunklen Augen musterte. „Jessy?“ fragte ich meine Freundin. Hinter mir ertönten Schritte. „Ja?“ „Sag mal, hättest du was dagegen, wenn ich den kleinen Kerl hier kaufe?“ unschuldig sah ich sie an. Jessy begann zu lachen. „Du hast einen Knall, Judith!“ stellte sie ungerührt fest. „Aber du kannst ihn natürlich kaufen. Nur, du hast dir dann einen wahren Teufel ausgesucht. The Devil Inside of You ist nicht gerade das, was man Engel nennt“ „Bitte wie heißt er?“ ungläubig sah ich Jessy an. „The Devil Inside of You“ wiederholte diese geduldig. „Nun gut. Was weißt du über ihn?“ „Er ist ein Trakehner- Araber Mix, was an sich schon eine schwierige Mischung ist. Der Kleine ist gerade 6 Monate alt, kann nichts außer geführt werden und hat genug Temperament für zwei. Aber er ist ein guter Allrounder, also aus ihm kann echt was werden“ „Mir ist egal wie er tickt, ich kaufe ihn“ beschloss ich einfach so und betrat die Box des Hengstes. Der sah mich misstrauisch an und machte Anstalten, mir das Hinterteil zu zudrehen. „Nix da!“ empört schnappte ich mir seine Nase und stülpte das Halfter über seinen Kopf. Mit störrischem Blick folgte der kleine Teufel mir zum Hänger. Jessy half mir und nach 20 Minuten schafften wir es, das Fohlen auf den Hänger zu bugsieren. Erleichtert schlossen wir die Rampe, dann klemmte Jessy sich hinters Steuer, ich ließ mich auf den Beifahrersitz fallen und wir fuhren zurück zum Hof.

35 Minuten später waren alle Pferde in ihren Boxen verstaut – auch mein Neuerwerb - und Jessy telefonierte mit den neuen Besitzern von den glücklichen Pferden, die schon vermittelt waren. Ich war müde und wollte nach Hause, zu Niklas. Es ging auf den Abend zu, bald würde es dunkel werden. Aber Wonder brauchte noch Bewegung. Obwohl ich lieber Feierabend gemacht hätte, freute ich mich auf den Hengst. Flink huschte ich in die Sattelkammer, schnappte mir Wonders Trense, einen Striegel, eine Kardätsche, eine Wurzelbürste und einen Hufkratzer. Mit dieser Last machte ich mich auf den Weg zur Weide.

„Wooonder!“ meine laute Stimme durchschnitt die Abendstille. Von etwas weiter hinten ertönte ein Wieher, hinter einem Baum kam der Trakehner hervor geschossen. Lachend wartete ich, bis er mich erreicht hatte und trenste ihn dann auf. Die Zügel ließ ich auf dem Hals legen. „Du bleibst stehen“ murmelte ich liebevoll und nahm dem Rappen die graue Fliegendecke ab. Wonder war das einzige meiner Pferde, auf das ich mich wirklich verlassen konnte. Fury würde bestimmt abhauen wenn ich ihn nicht anbinden würde, aber Wonder lag nichts ferner. Zwischen uns war ein ganz besonderes Band entstanden, was auch zwischen Laura und Wonder bestanden hatte. Vor mich hin summend striegelte ich das saubere Fell des Hengstes kurz durch, glättete es anschließend mit der Kardätsche und widmete mich dann den langen Beinen des Trakehners. Zum Schluss kratzte ich die Hufe kurz aus, legte die Putzsachen auf einen ordentlichen Haufen neben den Weidezaun und schwang mich auf den Wonders bloßen Rücken.

Sanft legte ich meine Schenkel an und der Hengst setzte sich in Bewegung. Ich wollte das letzte Tageslicht ausnutzen und zum Meer reiten. Wenn dann die Sonne langsam im Meer versank, würde ich auf meinem Rappen durch die Brandung galoppieren… Über meine eigenen Vorstellungen musste ich leise lachen und streichelte kurz den Hals meines Pferdes. „Ich habe schon einen Knall, Wonder“, murmelte ich meinem Hengst in seine Öhrchen und spielte leicht mit den Zügeln. Wonder legte einen frischen, flotten Schritt an den Tag, er hatte gestern gestanden und musste nun Energie loswerden. Ich freute mich an der Lebensfreude meines Trakis und genoss die letzten Sonnenstrahlen auf meiner Haut.

Wir bogen auf einen Sandweg ab. Ich drückte Wonder meine Beine sanft in den Bauch, er trabte an. Schon wieder umspielte ein Lächeln meine Lippen, ich genoss den Trab meines Hengstes. Wir kamen rasch voran, Wonder legte eine enorme Geschwindigkeit an den Tag und es war nicht meine Absicht, ihn zu bremsen.

Nach 20 Minuten im Trab parierte ich den Rappen leicht widerwillig durch. Die letzten 10 Minuten bis zum Strand legten wir in einem flotten Schritt zurück.

„Wir sind da“ Ich parierte Wonder sanft durch. Vor uns lag das Meer. Der Anblick der tiefen Sonne, die den Sand und das Wasser zum glühen brachte und das Spiel der Wellen, die sich am Ufer brachen versetzten mir einen kleinen Stich. An diesem Meer – wenn auch etwas weiter östlich – war ich so oft mit Saskia gewesen, hatte mit ihr gelacht, wir hatten unsere Pferde um die Wette rennen lassen… Ich seufzte leise und legte meinen Kopf auf Wonders Hals ab.

Die Sonne war nah dran, im Meer zu versinken. Obwohl Wonder ruhig dastand, spürte ich seinen Wunsch, an der Brandung entlang zu galoppieren. „Lass uns fliegen, Junge“, murmelte ich, richtete mich auf und trieb Wonder in den Galopp. Nur zu gerne sprang der Wallach um. Ich beugte mich leicht nach vorne, gab Wonder noch mehr den Kopf frei.

Mit mächtigen Sprüngen flogen wir unter der sinkenden Sonne daher, das Wasser spritzte zu allen Seiten weg, der leichte Abendwind spielte mit meinem Haar und Wonders Mähne. Bei jedem Galoppsprung spürte ich das Zusammenspiel der Muskeln meines Trakehners, genoss seine Wärme. Fühlte mich beschützt.

Wonder wurde langsamer, ich fühlte Schweiß an seinem Hals. Ich wusste nicht, wie lange wir galoppiert waren. Die Sonne war im Meer verschwunden, Dunkelheit senkte sich übers Land. Ich parierte meinen Hengst zum Schritt durch und warf einen letzten Blick auf das Wasser, bevor ich ihn vom Strand weg lenkte. Über einen Trampelpfad gelangten wir an eine Straße, wie ich es geplant hatte. Auf der wenig befahrenen aber beleuchteten Landstraße mit Pferdetauglichem Grünstreifen an den Seiten kam man direkt zum Hof.

Im ruhigen Schritt schlenderte mein Pferdchen daher. Ich ließ meine Gedanken schweifen, genoss die Ruhe um mich herum und das Vertrauen zwischen Wonder und mir. Da wir uns im Schritt fortbewegten, dauerte es fast eine Stunde, bis Nalmon vor uns lag. Wonder machte einen zufriedenen, aber auch müden Eindruck. Ich ritt bis kurz vor seine Box, stieg dann ab und brachte ihn in sein Heim. Ich zog ihm die Trense vom Kopf, steckte meinem Hengst zwei Möhrchen zu und drückte ihm einen Kuss auf die Nüstern.

Mit der Trense in der Hand eilte ich zur Weide, sammelte sein Putzzeug ein und brachte das Putzzeug, die Trense und die Fliegendecke in die Sattelkammer. Aus meinem Spind nahm ich mir Wonders Abschwitzdecke und ging nochmal zu meinem Trakehner, um sie ihm an zu ziehen.

Ich machte einen prüfenden Rundgang, sah zuerst nach Shadow, die in ihrer Box döste. Weiter ging es zu Fury, der zufrieden Heu malmte. Ich rückte seine Decke zurecht, ging dann weiter. Devil war damit beschäftigt, eifrig seine Box zu untersuchen. Zu guter Letzt ging ich noch zu Red, der ebenfalls döste, bevor ich einen kurzen Abstecher in die Sattelkammer machte, mir Wonders Kardätsche und den Hufkratzer schnappte und nochmal zu meinem Rappen ging.

„So, Dicker“ Ich nahm Wonder die Abschwitzdecke ab und putzte kurz über sein weiches Fell. Im Dämmerlicht der Box machte ich mich dann noch dran, die Hufe auszukratzen. Wonder ließ alles gleichmütig über sich ergehen. „Bis morgen, Dicker“ Ich gab Wonder einen zärtlichen Klaps und machte mich zum x-ten Mal heute auf den Weg in die Sattelkammer, wo ich Kardätsche, Decke und Kratzer in mein Spind packte.

„Nikki!“ Schickte ich meinen Ruf durch die Dunkelheit. Von recht kam ein Fellbündel angeschossen. Nikki bellte fröhlich und machte Anstalten, an mir hoch zu springen. Streng wehrte ich sie ab, kraulte sie aber gründlich, bevor ich sie anleinte. In der Dunkelheit wollte ich sie nicht gerne frei rumlaufen lassen. Mit Hund an der Leine ging ich kurz bei Jessy vorbei, die im Büro über Schreibkram hockte und verabschiedete mich von ihr. „Oh, du bist noch da?“ fragte meine Freundin erstaunt. „Ja, ich habe noch einen Ausritt mit Wonder gemacht, gehe aber nun nach Hause“ Jessy lächelte. „Eine gute Nacht wünsche ich dir, bis morgen“ „Danke, dir auch“ erwiderte ich und drückte meine Freundin kurz an mich. Nikki zog ein wenig an der Leine, als wir den Hof verließen. Ich war wohl nicht die einzige, die nach Hause wollte.

„Du kommst spät“ bemerkte Niklas 15 Minuten später, als ich in meinem trauten Heim angelangt war und mich meiner Schuhe entledigt. „Ich geh duschen, kannst du Nikki versorgen?“, brummte ich und drückte meinem Freund einen Kuss auf die Lippen. „Klar“ er schenkte mir ein schiefes Lächeln und wandte sich dann an Nikki. Zufrieden stapfte ich die Treppe hoch.

Nach einer kurzen Dusche und in meiner alten Leggins und dem halb zerfetzten T-Shirt machte ich mich auf die Suche nach Niklas, der im Bett lag und las. „Wie viel Uhr?“ fragte ich müde. „Gleich zehn“ „Oh man, war ich lange weg“ seufzend kuschelte ich mich neben Niklas.

Der sah mich prüfend an. „Judith, weißt du, was mir aufgefallen ist?“ fragte er, als ich fast am Einschlafen war. „Hm?“ nuschelte ich müde. „Ich weiß gar nicht, wie lang deine Haare sind“ stellte er fest. Ich musste lachen. „Wer will das wissen, der Teufel in dir, der überlegt, was man mit meinem Haar alles anstellen kann?“ „Vielleicht“ grinste Niklas. „Aber ich habe dich seit mindestens zwei Jahren immer nur mit Dutt gesehen“ „Ich entdecke heute Seite an dir, die mich verwundern“ lachte ich. „Du schleichst dich an, hast komische Fantasien bezüglich meiner Haare… Sollte ich mich gar in den Teufel verliebt haben?“ „Ich habe keine komischen Fantasien“ empörte Niklas sich. „Weiß ich doch. Aber selbst wenn du ein Teufel bist, dann bist du nicht der einzige, für den ich Sympathie hege, ich denke da nur an The Devil Inside of You“ ich küsste Niklas kurz, erzählte ihm dann von meinem neuen Fohlen. Schließlich setzte ich mich auf und löste den Dutt.

Anerkennend wanderte Niklas Blick meine Haare hinunter und wieder hinauf. „Haare bis knapp über den Po, leicht wellig, gefällt mir. Auch wenn ich das mit dem wellig schon wusste“ grinste er. „Schön“ murmelte ich und drehte meine Haare wieder zu einem Knoten. „Ich find sie hinderlich“ Gemütlich kuschelte ich mich wieder an Niklas. Er drückte mir einen Kuss aufs Haar, zog mich enger an sich und ich roch den unvergleichlichen Duft seinen T-Shirts. Müdigkeit übermannte mich und bald darauf sank ich in einen tiefen Schlummer.
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Beitrag  Admin So Apr 17, 2011 1:11 pm

Nach 20 Minuten: "ICH BIN FERTIG!" ^^

wundervoller Beri <333 einfach schön <3333
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Beitrag  Judith So Apr 17, 2011 4:14 pm

Sorry das er so lang geworden ist *schäm* ^^

Danke <33 Ich hab auch lange genug dran gesessen... Razz
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