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5# Daphne - Schönes und weniger Schönes

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Beitrag  Judith Di Feb 15, 2011 9:11 pm

„Daaaaaaphne!!!“ Zum wie vielen Mal ich das schon rief, wusste ich nicht mehr. Aber ich hatte wenig Lust, über die ganze Weide zu stapfen. Das war mir echt zu blöd. Die Weide war matschig und Daphne stand ausgerechnet ganz am anderen Ende. Mittlerweile hatte ich die Aufmerksamkeit von allen anderen Pferden, die sich ums Gatter scharrten und um Leckerlis bettelten, nur Daphne hielt lieber weiter ihren Schönheitsschlaf. „Mensch, Pferd, ich habe heute noch anderes zu tun“ zeterte ich. Bei dem Gedanken, was heute noch auf mich wartete, lächelte ich und schweifte einen Moment mit den Gedanken ab. Weg von Daphne, der Weide, dem Hof, hin zum Tierheim..

In den letzten Tagen war ich oft im Tierheim gewesen, hatte mir Hunde angeguckt und war mit dem einen oder anderen schon mal Spazieren gegangen. Vorgestern war dann eine neue Hündin angekommen, eine vierjährige Berner Sennenhündin, die ausgesetzt worden war. Die kleine hieß Nikki und irgendwie war das was zwischen uns. Von Anfang gewesen, so wie bei mir und Fury. Ich hatte gestern und vorgestern den ganzen Tag bei ihr verbracht und heute durfte ich sie abholen…

„Jetzt reichts mir!“ Wütend sah ich Daphne an. Gut, dass Blicke nicht töten können, wie hätte ich sonst Jessy ihre tote Stute erklären sollen…? Ich atmete tief durch, versuchte mich zu beruhigen. Wut war nicht gerade hilfreich bei der Arbeit mit Pferden. Besonders nicht bei der Arbeit mit jungen Pferden. Und ganz sicher nicht bei der Arbeit mit jungen Pferden von anderen Menschen. Als ich mich soweit beruhigt hatte, öffnete ich das Gatter, schlängelte mich an einigen Pferdeleibern vorbei und stapfte auf Daphne zu. Die hob träge den Kopf, musterte mich gründlich, schnaubte dann und bequemte sich, auf mich zu zu trotten.

„Na also!“ zufrieden hielt ich Daphne meine Hand zum schnuppern hin. Nach gefühlten 100 Stunden war die Friesenstute bei mir eingetrudelt und erst mal ein bisschen Pferdesabber gleichmäßig auf meinen Klamotten verteilt. Jetzt schnaubte sie kräftig und verteilte noch ein wenig Spucke in meinem Gesicht. „Wars das jetzt?“ fragte ich grinsend, wischte mir kurz mit dem Ärmel durchs Gesicht und halfterte die Stute auf. Nicht, dass sie noch auf die Idee kam wieder weg zu laufen… Brav folgte mir Daphne und wir schlängelten uns zu weit durch die Pferdeleiber hindurch, verließen die Weide und trotteten zum Putzplatz.

„Hallo, Judith!“ Fröhlich winkte Jessy mir von ihrem Büro aus zu. Lächelnd erwiderte ich ihren Gruß, sie zögerte kurz und kam dann über den Hof, auf mich und ihre Stute zu. Während sie Daphne liebevoll begrüßte, wandte sie sich an mich. „Was hast du heute so mit ihr vor?“ „Das übliche, Dressur“ Jessy lachte. „Das habe ich mir schon fast gedacht, ich wollte nur wissen, was genau“ Ich lachte ebenfalls. „Ach so! Wieder Mitteltrab, dann Viereck verkleiner/vergrößern und an den korrekten Ausführungen der Lektionen feilen. Wenn Daphne Viereck vergrößern/verkleinern kann, ist meine Arbeit abgeschlossen“ Jessy machte große Augen. „Wann wird das ungefähr sein?“ „Also Schenkelweiche beherrscht Daphne sehr gut, umstellen lässt sie sich auch problemlos…“ murmelte ich leise vor mich hin „Wenn alles gut läuft heute, nur musst du dann noch ein bisschen feilen, bis alles perfekt ist. Aber das ist sowieso besser, es ist ja deine Stute“ grinste ich. „Na dann, ich freue mich“ lachte Jessy und fragte nach kurzem Zögern „Wo bist du eigentlich vor mehreren Wochen hingegangen? Ich habe gesehen, dass du links statt rechts abgebogen bist“ Ich musste grinsen. Auf diese Frage hatte ich insgeheim schon gewartet, Jessy hatte sich echt Zeit gelassen. „Warte“ gab ich ihr zur Antwort und stieß einen schrillen Pfiff aus. „Hilfe!“ schrie Jessy reflexartig und presste ihre Hände auf die Ohren. Eine Sekunde passierte nichts.

Auf einmal kam ein Fellbündel um die Ecke geschossen, bellte laut und warf mich fast um, als es an mir hochsprang. Jessy starte fassungslos auf das Bündel zu meinen Füßen. „Was ist das???“ Ich lachte über ihren Gesichtsausdruck, streichelte das Bündel, dass immer noch an mir hoch zu springen versuchte und beruhigte es mit leiser Stimme. „Ein Hund. Nikki“ antworte ich dann einfach. Dabei streichelte ich meiner Hündin den Kopf und befahl leise „Sitz“ Nikki setzte sich brav und sah mich aus großen, dunklen Augen erwartungsvoll an. Lächelnd steckte ich ihr ein Leckerli zu. „Sie ist mir schon extrem ans Herz gewachsen“ gestand ich Jessy. „Ich habe sie im Tierheim gesehen und einen Tag später mit genommen“ Jessy musterte den Bernen Sennenhund. „Ist auch ein sehr schönes Tier. Sie scheint auch an dir zu hängen“ Ich freute mich über diese Bemerkung. „Sie ist auch sehr anhänglich. Und sie wird gerade mal fünf Jahre alt, ist kern gesund, ihr fehlt absolut nichts, ihren Besitzern fehlte schlichtweg das Geld, die Liebe und die Zeit für Nikki und als sie in den Urlaub gefahren sind, musste sie eben ins Tierheim“ „Schrecklich sowas“ Bewegt streicht Jessy Nikki über den Kopf. „Tu mir einen Gefallen und hab ein Auge auf sie, ok? Ich kümmere mich mal um Daphne“ Jessy nickte und ich konnte mich wieder beruhigt Daphne zuwenden, die das Dösen angefangen hatte.

Nach 20 Minuten war ich fertig, Daphne gesattelt, getrenst und selbstverständlich auf Hochglanz poliert. Cati drückte sich in meiner Nähe herum, sie putzte Miss Ellie und warf ab und an einen Blick auf mich, denn ich nicht deuten konnte. Irgendwie war ich froh, als ich mich verdrücken und mit Daphne die Halle aufsuchen konnte.

Dort angekommen gurtete ich sanft nach, schwang mich in den Sattel. Ich nahm die Zügel auf und drückte meine Schenkel sanft in Daphnes Bauch. Die Stute reagierte sofort und fiel in einen langsamen Schritt. „Ein bisschen mehr Motivation bitte!“ lächelnd streichelte ich Daphnes Hals und versuchte sie durch gleichmäßigen Schenkeldruck mehr zu motivieren. Dabei ritt ich mehrere Schlangenlinien und nach einer Weile wurde der Schritt der Friesenstute flotter und raumgreifender und sie bog sich gut. „Feines Mädchen“ Daphne schnaubte leise. Ich lächelte wieder und seufzte tief. Es tat so gut, wieder das zu tun was ich liebte. Es tat gut und es gab mir Halt, um mein Leben durch zu stehen.

Nach 10 Minuten trieb ich energischer. Daphne trabte an, ihr Trab war von Anfang an schwungvoll und gelöst und sie bog sich sehr gut, als ich eine Schlangenlinie und direkt danach eine Volte ritt. „Das machst du sehr gut. Siehst du, mit ein bisschen Training tust du dich auch nicht mehr so schwer“ lächelnd klopfte ich Daphnes Hals. Ich trieb weiterhin gleichmäßig vorwärts und beschäftigte Daphne intensiv mit einfachen Bahnfiguren, mit Zirkeln, Wechseln und Schlangenlinien, um die Stute mehr auf die Hinterhand zu bringen.

Daphne lief schon nach wenigen Minuten wie gewünscht, also stand der Mitteltrab jetzt an. Wie gewohnt nahm ich die Stute mehr auf, trieb aber weiter, bis Daphne anziehen wollte. Im gleichen Moment erreichten wir die lange Seite – Perfektes Timing! Zufrieden schob ich mit der Hand vor. Zufrieden stellte ich fest, dass Daphne direkt reagierte, größere Schritte machte und deutlich antrat. Ich vermied, sie zu klopfen, da ich sonst ihre und meine Konzentration gestört hätte. Stattdessen murmelte ich leise „Feines Mädchen“ Daphne spielte mit den Ohren. Wir schafften bis auf drei Schritte die ganze Längsseite. Erst dann verließ Daphne die Konzentration und ich holte sie bewusst in den Arbeitstrag zurück. Ich klopfte Jessy´s Stute zärtlich, ging auf den Zirkel und gab die Galopphilfen. Es war Zeit für einen einfachen Galoppwechsel.

Fast unmittelbar nach dem Angaloppieren gab ich nachdrückliche und deutliche eine halbe Parade. Daphne fiel in den Schritt, ich gab mit der Hand nach, trieb weiter und gab deutliche Stellungshilfen. Daphne reagierte hervorragend. Zufrieden gab ich eine halbe Parade, um Daphne auf das angaloppieren vor zu bereiten, legte dann den äußeren Schenkel zurück und trieb vermehrt mit dem inneren. Nach exakt drei Schritten im Schritt galoppierte Daphne wieder an. „Super!“ Ich klopfte den Hals der Stute, galoppierte eine Runde ganze Bahn und parierte dann direkt in den Schritt durch, was auch gut klappte. Daphne kannte diese Übung ja vom einfachen Galopppwechsel.

Nach einer halben Runde im Schritt parierte ich zum Stand durch. Als die Stute stand, trieb ich weiter und nahm gleichzeitig die Zügel an. Daphne schlug kurz mit dem Kopf, machte aber einen zögerlichen Tritt rückwärts. Prompt gab ich mit der Hand nach und Daphne machte drei weitere Schritte, die fast schon spielend wirkend. Überschwänglich klopfte ich ihre Schulter und lobte sie sanft.

Das Daphne den Mittelgalopp beherrschte wusste ich aus früheren Stunden, den wollte ich nicht weiter vertiefen. Es fehlte nur noch eine Lektion, die Daphne und Jessy vom A-Niveua trennte: Vierecke verkleiner/vergrößern.

Um diese Übung besser vor zu bereiten, fing ich mit Schenkelweichen an. An der langen Seite gab ich die Hilfen dafür. Ich war zuversichtlich, was dass an ging: Ich hatte mit Daphne öfters Schenkelweichen an der Hand geübt und auch Jessy hatte mit der Stute schon Schenkelweichen unterm Reiter trainiert. Und tatsächlich, Daphne fing an, meine Anweisungen auszuführen. Ich gab etwas mit der Hand nach und trieb konsequent durch. Es klappte die ganze Längsseite. „Super Daphne, du bist toll!“ lobte ich den Friesen.

Jetzt wurde es schwerer. Ein prüfender Blick zeigte mir, dass Daphne kaum geschwitzt war. Ich machte mich gerade an diese Lektion, als die Tür aufschwang, Jessy herein huschte und sich auf die Tribüne hockte. Als ich sie ansah, lächelte sie fröhlich. Erst da sah ich, dass Nikki ihr gefolgt war. Beruhigt, meinen Hund bei ihr zu wissen, wandte ich mich wieder Daphne zu.

Wieder gab ich die Hilfe für Schenkelweichen, lenkte Daphne aber auf die Diagonale. Zunächst war die Stute etwas verwirrt und nahm den Kopf hoch, spannte sich an. Aber nach kurzer Zeit schien zu denken, dass sie mir vertrauen konnte. Sie nahm den Kopf runter, ihr Körper entspannte sich, sie führte die Übung aus. Ich musste lediglich ein bisschen korrigieren, sodass wir wirklich parallel zur Bande waren.

Ich lobte Daphne, wechselte die Hand und wiederholte die Übung. Wieder war nur eine kleine Korrektur nötig, bis alles so klappte, wie es sein sollte.

Ich wagte den allerletzten Schritt. Ich ließ Daphne an den Schenkel weichen, bis wir die Mitte der Diagonalen erreicht hatten. Dann stellte ich die Stute um und ließ sie weiter an den Schenkeln weichen. Zu meinem grenzenlosen Erstaunen funktionierte es sehr gut. Überrascht hielt ich Daphne an, winkte Jessy zu mir.

„Sie ist fertig. Kannst du sie trocken reiten und versorgen?“ fragte ich Jessy und drückte ihr Daphnes Zügel in die Hand. Jessy sah mich fassungslos an. „Komplett? Ist sie auf A Niveau?“ „Mhm, ja“ bestätigte ich. „Du musst nur noch ein wenig an der korrekten Ausführung der Lektionen feilen, aber das wird schon“ „Ok, ich versorge sie gerne, danke!“ Jessy umarmte mich. Ich brachte ein Lächelnn zustande, verließ die Halle.

Draußen beschloss ich, nach Hause zu gehen. Sollte Fury doch seinen Ruhetag haben. Mich bewegte etwas ganz anderes… Das erste Pferd, was ich alleine auf A Niveau gebracht hatte… Wie gerne hätte ich diesen Moment mit Saskia geteilt…! Tränen liefen mir über die Wangen, als ich nach Hause lief. Zusammen mit Nikki, die mir nicht von der Seite wich. Nikki und einer Menge unangenehmer Gedanken…
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Beitrag  Judith Di Feb 15, 2011 9:12 pm

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Zuletzt von Judith am Sa Feb 19, 2011 5:19 pm bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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Beitrag  Admin Sa Feb 19, 2011 5:12 pm

Schöner Beri wiedermal... (:

LG <3
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Beitrag  Judith Sa Feb 19, 2011 5:19 pm

Thx^^
Judith
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